Beschluss des Landesparteitages vom 21. März 2009 – Teil 3

Beschluss des Landesparteitages vom 21. März 2009

 
Für einen fairen Ausgleich von Ökologie, Ökonomie und Sozialem – moderne Energiepolitik

III.     Schlussfolgerungen für unser Handeln in Bremen und Bremerhaven

 
1. Industrielle Entwicklung sicherstellen
 
Bremen und Bremerhaven sind als Industriestandorte auf eine ausreichende, günstige und zuverlässige Energieversorgung angewiesen. Diese muss im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung und zur Sicherung von Beschäftigung sichergestellt werden. Die bisherige hohe Eigenversorgungsquote in Bremen leistet hierzu einen wichtigen Beitrag und ist dauerhaft zu sichern, da die Energiewirtschaft positive Beschäftigungseffekte und erhebliche Wertschöpfung am Standort realisiert. Das Mittelkalorikkraftwerk, Neubauten wie das Weserkraftwerk, die Erneuerung und Optimierung bestehender Kraftwerke auf fossiler Brennstoffbasis, der Ausbau der Wind- kraft und Photovoltaik schaffen und sichern Arbeitsplätze – auch und insbesondere bei regionalen Zulieferern, bei Dienstleistern und in der Forschung.
 
 
2. Erzeugungsstandort Bremen – Zukunft der swb
 
Land und Stadtgemeinde Bremen haben ein ureigenes Interesse an der Energieerzeugung im eigenen Land. Wir brauchen Ansprechpartner vor Ort, damit die Energiepolitik in Bremen im Interesse Bremens gestaltet werden kann. Bisher ist Bremen und vor allem seine Energie-Verbraucherinnen und -Verbraucher nicht der Marktmacht der großen vier Energieerzeuger in Deutschland ausgeliefert. Bremen hat ein Interesse an einem selbständigen Energieversorger und -erzeuger vor Ort. Diese hat Bedeutung für Verbraucherinnen und Verbraucher, Wirtschaft und für Beschäftigte. Die swb soll als breit aufgestellter Infrastrukturdienstleister in den Bereichen, Strom, Gas, Wärmen, Wasser, Abwasser mit ihren Netzen gesichert und ausgebaut werden. Auch für den Bereich der Mobilität im Zusammenhang mit der wachsenden Zahl von E-Fahrzeugen, kann eine ausreichende und zuverlässige Stromversorgung an Bedeutung gewinnen
 
Darum muss sich der Senat für den Erhalt dieses selbständigen Energieversorgers und -erzeugers für Bremen einsetzen. Zu diesem Zweck soll die swb AG vor allem Ertüchtigungs- und Modernisierungsprogramme umsetzen, um die Energieeffizienz bestehender Anlagen zu erhöhen und ihre wirtschaftliche Laufzeit zu verlängern. Auch der Neubau von effizienten konventionellen Kraftwerksanlagen kann im Bedarfsfall verfolgt werden, soweit er sich im Rahmen der nationalen Klimaziele bewegt. In diesem Kontext steht auch, dass die Zusammenarbeit zur Stromerzeugung der swb mit den Stahlwerken zur Nutzung des Konverter- und Gichtgases ausgebaut werden sollte.
 
Im Zuge des Erwerbs der Erzeugungs- und Handelssparte von Essent durch die RWE wurde Bremen durch Essent ein befristetes Angebot über den Erwerb von rd. 51 % der swb-Aktien unterbreitet. Dieses Angebot eröffnet Bremen die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen auf die Zukunftsperspektiven der Stadtwerke und die bremischen Standortinteressen im Hinblick auf eine ökologische, soziale und regionalbezogene Energiepolitik ebenso zu definieren, wie auch auf eine gestaltende Wirtschaftsstrukturpolitik.
 
Dabei geht es in erster Linie um die Sicherung und den Ausbau von zukunftsfesten Arbeitsplätzen, die Sicherung und den Ausbau der Hauptverwaltung in Bremen und die Unterstützung der swb AG zur Umsetzung einer neuen gemeinsam entworfenen energie- und klimapolitischen Zukunft. Um die swb in Bremen mit eigenem Gewicht zu erhalten und auch für die Zukunft zu sichern, erwartet die SPD, dass die Möglichkeiten dieses Angebots aktiv genutzt werden.
 
Die Bremer SPD steht dafür, dass die swb der Energieerzeuger vor Ort bleibt und nicht zum Spielball von Finanzinvestoren wird.
 
Wir setzen uns dafür ein, dass folgende Ziele erreicht werden:
 
  • Die swb muss als Gesamtheit und als Marke erhalten bleiben. Ihre organisatorische und energiepolitische Eigenständigkeit wird garantiert. Rechtlicher und steuerlicher Sitz der swb AG bleibt Bremen. Damit wird die Verlagerung von Gewerbe- und Umsatzsteueraufkommen vermieden.
  • Der strategische Einfluss Bremens auf die swb AG ist durch geeignete Instrumente und Verträge langfristig sicherzustellen. Bspw. sollte der neue Aktionär bzw. neue Aktionärsgruppe eine Halteverpflichtung der Aktien von mindestens 10 Jahren. Ebenso ist ein langfristiges Vorkaufsrecht Bremens anzustreben. Die Aktionäre sollen verpflichtet werden, die Funktionen der swb AG am Standort Bremen und Bremerhaven auszubauen und nicht auf Dritte zu verlagern. 
  • Der Erhalt der Arbeitsplätze und die Erzeugung am Standort sind abzusichern. Sicherung und Ausbau der Strom- und Wärmeerzeugung, die Förderung des Ausbaus der Kraft-Wärme-Kopplung, der Fernwärmeausbau am Standort Bremen und Bremerhaven sowie die verstärkte Nutzung Erneuerbarer Energien müssen hohe Priorität erhalten. Die swb-Strategie 20/20/20 ist weiterzuentwickeln. D.h., die Energieeffizienz ist bis 2020 um 20 % zu verbessern, die regenerativen Energien werden mindestens 20 % Anteile an der Stromerzeugung haben, die CO-2 Emissionen werden um 20 % sinken. Die swb AG hat sich zum Ziel gesetzt bis 2020 eine Nachhaltigkeitsstrategie zu verfolgen. Diese Strategie ist eine Basis für weitere klimapolitischer Überlegungen Eine hohe Eigenerzeugungsquote sollte in der Region erhalten bleiben, bzw. ausgebaut werden. Die swb AG soll künftig – ggf. in Kooperation mit anderen Stadtwerken – eine überregionale Rolle bei der Entwicklung und Umsetzung gemeinsamer Erzeugungsstrategien spielen.
  • Die Zukunftsfähigkeit der swb AG, insbesondere die erforderlichen Investitionen, müssen sichergestellt werden. Die künftigen Anteils- eigner müssen willens und in der Lage sein, die swb AG bei den anstehenden Investitionen finanziell nachhaltig zu unterstützen.
  • Zukünftig muss der dezentralen Energieversorgung ein noch höherer Anteil zugemessen werden.
 
Die Bremer SPD fordert den Senat auf zu prüfen, ob zur Sicherstellung dieser Zielsetzung zunächst das Ankaufsrecht auszuüben ist, um im weiteren Verfahren mit einem strategischen Partner die oben beschriebenen Anforderungen durchzusetzen.
 
 
3. Chancen der ökologischen Modernisierung vor Ort nutzen
 
Bremen und Bremerhaven sind ein führender Windenergiestandort. Diesen gilt es weiter auszubauen – dabei soll der Aufbau der Offshore-Windenergie ebenso eine wichtige Rolle spielen wie das „Repowering“. Das ist eine Chance für Klima und Beschäftigung im Lande Bremen und im Nordwesten insgesamt.
 
Die SPD erwartet deshalb, dass für die Weiterentwicklung der dafür erforderlichen Infrastruktur auch künftig Investitionsmittel zur Verfügung gestellt werden. Neben den Möglichkeiten, die sich hierfür auf EU und Bundesebene bieten, sind hierfür auch künftig Haushaltsmittel des Landes Bremen einzusetzen. Darüber hinaus sollen künftig für Infrastruktur und Erschließungs-maßnahmen vermehrt auch Finanzierungsmöglichkeiten genutzt werden, die sich über private Investoren ergeben.
 
Aber mit Windenergie alleine können wir die klimapolitische Herausforderung nicht meistern. Wir müssen deshalb auch den Ausbau der anderen erneuerbaren Energien in Bremen vorantreiben: Strom- und Wärmegewinnung aus Sonnenenergie und Biomasse und Stromgewinnung aus Wasserkraft sowie weitere – teilweise auch noch durch Forschung und Entwicklung zu erschließende – neue erneuerbare Energiequellen. Geothermie soll genutzt werden, wo dies ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll möglich ist.
 
Energieerzeugung in Bremen soll möglichst effizient erfolgen. Ein wesentlicher Baustein zur Erhöhung der Energieeffizienz ist die Kraft-Wärme-Kopplung in Verbindung mit einem Ausbau des Nah- und Fernwärmenetzes. Die Kraft-Wärme-Kopplung gilt es in Bremen weiter auszubauen. Dies gilt besonders für die Überseestadt. Die Erhöhung der Energieeffizienz er- fordert eine möglichst verbrauchsnahe und damit auch entsprechend den jeweiligen Verbrauchern dimensionierte Energieerzeugung im Lande Bremen. Für den privaten Verbrauch muss deshalb besonders die Kraft-Wärme-Kopplung in der Nahversorgung ausgebaut werden. Hier können z. B. möglicherweise auch neue Potenziale im Bereich der Wärme- und Energierück- gewinnung aus Abwasser erschlossen werden.
 
Beim Ausbau der erneuerbaren Energien können Land und Stadtgemeinde Bremen durch eigenes öffentliches Handeln einen wichtigen Beitrag leisten: Bei der Energiebeschaffung, bei der energetischen Sanierung im eigenen Gebäudebestand und bei Neubauten. Hier nutzen wir auch das Konjunkturprogramm II.
 
Zusätzlich müssen wir die Rahmenbedingungen so gestalten, dass auch im privaten Bereich die energetische Sanierung weiter vorangetrieben wird. Hier gilt es für die SPD auch besonders die Interessen von Mieterinnen und Mietern im Blick zu behalten – sie haben ein besonderes Interesse an der Begrenzung der „zweiten“ Miete. Das so genannte Vermieter-Mieter- Dilemma ist aufzulösen. Dabei ist das erfolgreiche Förderprogramm in Bremen in Ergänzung zu den Bundesprogrammen fortzuführen, so dass es im Zusammenspiel mit der KfW-Förderung seinen größtmöglichen Nutzen entfaltet.
 
4. Klimaschutz 2010, Perspektiven 2020

Für die rot-grüne Landesregierung hat die ökologische Modernisierung und Klimaschutz eine hohe Bedeutung. Im Koalitionsvertrag haben wir verein- bart, mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln dem voranschreiten- den Klimawandel zu begegnen.

 
Vor diesem Hintergrund hat der Senat ein Aktionsprogramm Klimaschutz 2010 beschlossen. Das Energie- und Klimaschutzprogramm 2020 ist derzeit in Vorbereitung. Dafür wurde eine ressort-übergeifende Arbeitsgruppe unter Beteiligung des Magistrats Bremerhaven eingesetzt. In diesem Rahmen sollen auch die langfristigen Perspektiven der Strom- und Wärmeversorgung im Land Bremen sein. Dazu wird ein intensiver Dialog mir Wirtschaft, Wissenschaft und gesellschaftlichen Gruppen geführt.
 
Mit dem Aktionsprogramm Klimaschutz 2010 hat der Senat einen Katalog mit konkreten kurzfristigen Maßnahmen zu CO2-Minderung erarbeitet. Dabei setzt der Senat vor allem auf die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien, Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, energetische Sanierung, Energieeinsparung, Steigerung der Energieeffizienz im industriell-gewerblichen Sektor und Maßnahmen zur Reduzierung verkehrlicher Emissionen.
 
Darauf aufsetzend entwirft der Senat zurzeit das Klimaschutzprogramm 2010-2020. In diesem Programm sollen in einem breiten Dialog mit allen Betroffenen die energetischen Zukunftspfade für Bremen diskutiert und dargestellt werden. Dabei sind unter anderem Antworten auf die folgenden Fragen finden:
 
  • Wie sieht eine zukunftsfähige Zusammensetzung von konventionellen und regenerativen Erzeugungsarten und unterschiedlichen Brennstoffen am Standort Bremen aus, die für Bremer Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft eine preiswürdige und sichere Versorgung gewährleistet als auch Klimaschutzziele unterstützt? 
  • Wie sieht ein innovativer Energieerzeugungsmix aus, der langfristig die Wirtschaftskraft Bremens und langfristig zukunftsfähige Arbeitsplätze sichert? 
  • Wie kann das Land Bremen der Vorbildfunktion gerecht werden z.B. durch vorbildliche Sanierung der eigenen Gebäude und durch ambitionierte Minderungsziele bei der Reduzierung des Energieverbrauchs in den Verwaltungen? 
  • Welche Möglichkeiten hat Bremen, durch Förderprogramme, Gesetze, Richtlinien und Vertragsgestaltung z.B. bei der Bauleitplanung Einfluss zu nehmen, auf die strukturelle nachhaltige Entwicklung in Bremen? 
  • Welche Möglichkeiten gibt es, die Verbraucher stärker zu gewinnen, an der Umsetzung von Klimaschutzzielen mitzuwirken und selbst Verantwortung dafür zu übernehmen? 
  • Welche Zielkonflikte gibt es zwischen den nachhaltigen, langfristigen notwendigen Maßnahmen zur Sicherung Bremens als Energieerzeugungsstandort und den mittel- und langfristigen nationalen Klimaschutzzielen und wie sind diese aufzulösen? 
  • Wie lässt sich die Fernwärmeversorgung auch über das Laufzeitende der bestehenden Anlagen sichern? 
  • Wie lassen sich Bremische Interessen in liberalisierten, wettbewerbsorientierten Energiemärkten umsetzen bzw. durchsetzen? 
  • Welche Maßnahmen sollen über das bisherige Maß hinaus ergriffen werden, um das Land Bremen von einem Kompetenzzentrum des Nordens für Windenergie zu einem Zentrum für Energieeinsparung, erneuerbare Energien, effiziente Energieerzeugungs- und Energiebenutzungstechniken weiterzuentwickeln?  
  • Wie lassen sich effiziente Energieerzeugung und effiziente Energienutzung innerhalb des Kompetenzzentrums sinnvoll miteinander verknüpfen? 
  • Mit welchen Maßnahmen erfolgt die Sicherung und Schaffung von zukunftsfähigen Arbeitsplätzen im Bereich der Energieerzeugung und Energieeinsparung im Land Bremen? 
 
5. Norddeutsche Kooperation
 
Um die bremischen Ziele in Wirtschafts- und Energiepolitik wirksam verfolgen zu können ist eine Kooperation mit anderen Bundesländern sinnvoll. Eine geplante gemeinsame Energiepolitik im norddeutschen Raum ist darum der richtige Weg um den gesamten Norden als Exporteur von regenerativen Energien und innovativen Technologien erfolgreich aufzustellen. Der Senat wir auf der Ebene der norddeutschen Bundesländer aktiv daran mitarbeiten eine solche länderüber-greifende Zusammenarbeit zu realisieren und dabei die bremischen Interessen in eine solche Kooperation einbringen.